Die Himmelfahrt
Grafik aus der Merian Bibel, Basel 1629 (Detail)
Laut Wikipedia bezeichnet der Begriff Himmelfahrt das in Religionen und Mythen weit verbreitete Motiv, bis zu einem höchsten Ziel zu gelangen. Im Judentum, Christentum und im Islam bezieht er sich konkret darauf, dass jemand definitiv und leiblich ins Jenseits gelangt, ohne zu sterben (bzw. ohne einen Leichnam zurückzulassen).
Zahlreiche Darstellungen im Mittelalter in Bibeln und auf Kirchenwänden zeigen, wie Jesus in den Wolken verschwindet – auf einem Bild aus der Merian Bibel wird sehr anschaulich, was unter „Christi Himmelfahrt“ zu verstehen ist: Während sich der Himmel öffnet, stehen die Jünger auf der Erde und blicken staunend nach oben, wo nur noch die Füße ihres Herrn zu sehen sind.
Seit dem 4. Jahrhundert feiern Christen 40 Tage nach Ostern das Fest Christi Himmelfahrt. Biblische Grundlage ist neben dem Markus- und Lukas-Evangelium das erste Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament. Dort steht, dass der Auferstandene vor den Augen seiner Jünger „aufgehoben“ wurde: „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken“ (Apostelgeschichte 1,9). Dies ist auch ein bevorzugtes Motiv in der bildenden Kunst. Himmelfahrt wird allerdings in der Theologie kaum noch wörtlich als wirkliche Reise verstanden. Der Himmel ist danach kein geografischer Ort, sondern der Herrschaftsbereich Gottes. Wenn es im Glaubensbekenntnis heißt „aufgefahren in den Himmel“, bedeutet dies nach christlichem Verständnis, dass der auferstandene Christus „bei Gott ist“.
Neben Christi Himmelfahrt wird seit dem 5. Jahrhundert am 15. August Mariä Himmelfahrt gefeiert. Der Glaube an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel wurde 1950 von Papst Pius XII zum Dogma erhoben.
Ikarus Statue auf Kreta (Fotolia: kapyos)
Reisen in den Himmel
Bereits die altägyptische Vorstellung vom Himmelsaufstieg oder die Seelenreisen der Schamanen bringen das Streben zum Ausdruck, zu einem höchsten Ziel zu gelangen, ebenso das Auftreten flugfähiger Wesen (Engel) sowie die göttliche Hilfeleistung (Emndeduranki, Sumer) oder eigenes Geschick (Ikarus). Plato und Plutarch beschreiben Jenseitsreisen. Auch die hellenistischen Mysterienreligionen, wie zum Beispiel der Mithraismus, geben Anweisungen für eine Reise in den Himmel. Das alte Testament beschreibt die Entrückung des Henoch im Buch Genesis (5,24), nachdem er 365 Jahre auf Erden war (5,23), und die Himmelfahrt des Propheten Elija in einem feurigen Wagen (2. Könige 2,11). Das Judentum kennt die Legenden der Himmelfahrt des Mose, deren Entstehung in das 1. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht, sowie die später entstandene von der Himmelfahrt des Jesaja.
Die Himmelfahrt wird aber auch als Symbol der Wandlung und spirituellen Entwicklung der Persönlichkeit gedeutet. Theologen verweisen zur Erläuterung des Sachverhalts auf den englischen Sprachraum, wo es für das deutsche Wort Himmel zwei Begriffe gibt: „sky“ (profan) und „heaven“ (religiös). (1)
Der Himmel als Heimat
Viele Menschen finden sich mit ihrer Sterblichkeit nicht ab und erhoffen sich ein ewiges Leben nach dem Tod. Der Himmel ist als Heimat der göttlichen Wesen und als erhoffter Ort der Fortdauer nach dem irdischen Leben ein häufiger Topos in Religionen. Gemein ist diesen Vorstellungen eine Transzendierung dieses Ortes und damit einhergehend die wichtige Rolle des Himmels in den eschatologischen Vorstellungen. Als Gegenstück des Himmels wird die Hölle gesehen. Der Himmel gilt dann als der Ort der größtmöglichen Nähe zu Gott, die Hölle als Ort der größtmöglichen Gottferne; allerdings muss hier unterschieden werden zwischen einer übertragenen und mitunter auch schon zu Lebzeiten erreichbaren Verbindung oder einer tatsächlichen Hoffnung auf eine Begegnung mit Gott, die erst nach dem Tod geschehen kann. (2)
Auch im Islam gibt es die Himmelfahrt. Sehr konkret beschreibt islamreligion.com: „Der Prophet Muhammad reiste mit dem Engel Gabriel zu den Höhen des Himmels. Gemeinsam gelangten sie zum Tor des ersten Himmels, wo Gabriel um Einlass bat. Die Torwächter fragten: „Wer ist da?” worauf Gabriel antwortete: „Ich bin es, Gabriel.” Dann fragten die Torwächter, wer ihn begleitete; als sie ihnen sagten, es sei Muhammad, fragten sie, ob ihm die Mission erteilt worden sei, die Menschheit zur Anbetung des Einen Gottes anzuleiten. Der Engel Gabriel bestätigte das, da hießen die Engel den Propheten Muhammad willkommen, nannten seine Ankunft eine Freude und öffneten das Tor“. (3)
Geringe Lebenserwartung
Jesus wurde 33 Jahre alt, als er in den Himmel aufgefahren sein soll. Die durchschnittliche Lebenserwartung war allerdings zur damaligen Zeit sehr niedrig. Grabsteinfunde belegen, dass 70% der Begrabenen nicht einmal ein Alter von 30 Jahren erreichten. (4)
Keine lange Lebenserwartung hatten auch die Mitglieder der sogenannten Himmelfahrtskommandos. Der aus dem Militärischen stammende Begriff beschreibt einen besonders riskanten Auftrag, dessen Ausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod des oder der Ausführenden führt.
(1) cosmiq.de/qa/show/3300731/Wie-hoch-lag-die-Lebenserwartung-von-Menschen-um-50-n-Chr/
(2) Ulrich Kuder, Art. „Himmel“, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Band 3, Sp. 1739
(3) islamreligion.com/de/articles/1534/
(4) ekd.de/glauben/feste/himmelfahrt/himmelfahrt_in_kuerze.html