Sieben Schubkarren - Materialien

Der Friedhof - ein heiliger Ort

Bis zu 10.000 Jahre alte Grabstätten
Die bis zu 10.000 Jahre alten Grabstätten - die größten aus dieser Zeit in der Sahara - liegen im afrikanischen Niger. Forscher um Paul Sereno von der University of Chicago waren bei der Suche nach Dinosauriern auf den Fundort gestoßen (Quelle AFP)

In vielen Religionen ist der Friedhof ein heiliger Ort. Im Christentum wird er traditionell von Geistlichen geweiht. Diese kultische Bedeutung des Friedhofs hat eine Vielzahl an Tabus, moralischen Pflichten und Gesetzen hervorgebracht. Die Verletzung der Regeln oder die Entweihung ist von der jeweiligen Gemeinschaft unter Strafe gestellt. Praktisch in allen Kulturen ist die Störung der Totenruhe, die Leichenschändung, die Grabschändung und der Grabraub strafbar. Derartige Handlungen werden nach deutschem Recht als Straftaten strafrechtlich verfolgt. Äußere Zeichen zum Schutz der Totenruhe sind Zutrittsbeschränkungen, Umfassungsmauern, verschließbare Zugänge.
Neben der kultisch-rituellen Funktion übernehmen Friedhöfe weitere Aufgaben: So dienen sie in vielen Gesellschaften der öffentlichen Hygiene, da die Beerdigung in öffentlich geregeltem Rahmen und an hierzu vorgesehenen Orten der Ausbreitung von Seuchen und der Belastung des Grundwassers vorbeugt. Aus diesem Grund hat sich in Deutschland der Friedhofszwang entwickelt.

Vorchristliche Zeiten
Grab- und Kultstätten sind die ältesten Zeugnisse menschlicher Zivilisation. Bereits in der frühen Steinzeit gingen die Menschen dazu über, ihre Toten im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vorstellungen über Weiterleben oder einfacher Ahnenehrung zu bestatten. Vor der Sesshaftwerdung des Menschen entstanden von Familien genutzte gesonderte Familienbegräbnisplätze. Als sesshafte Menschen dauerhaft zusammenlebten, entstanden festgelegte Orte, an denen Bestattungen abgehalten wurden. Aus dem Neolithikum sind beispielsweise die Megalithgräber erhalten.
Mit dem Aufkommen der ersten Hochkulturen entwickelte sich das regelgerechte Bestattungswesen. In Ägypten, wo ein ausgesprochener Totenkult herrschte, wurden auf der dem jenseitigen Reich zugeordneten linken Nilseite die Pyramiden für Pharaonen und Totenstädte für die Reichsbeamten errichtet. Verschieden Vorformen von Begräbnishügeln für Herrscher und herausgehoben die Pyramiden sind die an Größe einmaligen Einzelgräber. In Kleinasien und Kreta, später im antiken Griechenland, wurden die Toten an Orten bestattet, die außerhalb des städtischen Lebens angesiedelt waren. Dies konnten Gräberfelder sein oder Felsengräber in künstlichen Höhlen. Oft wurde in der Nähe ein Heiligtum oder ein ganzer Tempelbezirk errichtet, um kultische Handlungen zu Ehren der Toten durchzuführen.

Im Römischen Reich waren die Grabstätten unterschiedlich organisiert und von den räumlichen und lokalen Gegebenheiten abhängig. Insbesondere reiche Bürger ließen sich entlang von Ausfallstraßen begraben, wo sie kunstvoll behauene und reich beschriftete Tafeln, Stelen oder Mausoleen errichten ließen. Die Stadt Rom verfügte mit den Katakomben über eine ausgedehnte, unterirdische Totenstadt, in der die Verstorbenen in Nischen eingemauert wurden.

Islamischer Friedhof
Im Islam ist die Bestattung der Toten in Richtung Mekka vorgeschrieben, so dass alle Grabstellen auf islamischen Friedhöfen gleich ausgerichtet sind. Meist sind diese aus Stein errichtet, teils gemauert oder mit Kacheln belegt. Häufig finden sich Stelen oder Steine am Kopf- wie Fußende. Särge sind nicht üblich, die Toten werden nur in weiße Tücher gehüllt und direkt in die Erde gelegt. Zudem ist der Begräbnisplatz festgeschrieben bis zum Jüngsten Tag, sodass weder neu belegt noch umgebettet wird.

Jüdischer Friedhof
Auf jüdischen Friedhöfen ist die eingerichtete Grabstätte ebenfalls der ewige Ruheplatz bis zum Weltgericht. Weder die Grabsteine werden entfernt, noch darf der Platz je neu belegt oder anderweitig gestört werden. Wenn Raumnot entsteht, können Gräber nach einer Aufschüttung des Friedhofs in Tieflage angeordnet werden. Die bereits vorhandenen Grabmale werden auf der neuen Oberfläche aufgestellt. So entsteht eine hohe Dichte der Gräber und der Grabsteine, und die Wegeführung kann unübersichtlich werden. Die Grabpflege besteht in der jüdischen Tradition im Wesentlichen darin, dass der Pflanzenbewuchs niedrig gehalten wird. Dabei dürfen die zurück geschnittenen Pflanzen nicht genutzt werden – etwa als Viehfutter –, denn sie gelten als Eigentum des Toten. Statt Blumenschmuck werden kleine Steine als Zeichen des Gedenkens auf das Grabmal gelegt.

Östliche Religionen
Östliche Religionen kennen die Einrichtung von Friedhöfen. Insbesondere der Shintoismus misst dem Andenken Verstorbener eine den westlichen Religionen vergleichbare Bedeutung bei. Dies lässt sich in der Anlage der Friedhöfe erkennen. Die sterblichen Überreste des Verstorbenen, die Leiche, gilt als unrein. Shintoistische Friedhöfe enthalten oft nur Scheingräber.

Im Hinduismus gibt es keine Friedhöfe. Das Glaubensprinzip der ewigen Wiedergeburt widerspricht der Anlage von Bestattungsplätzen. Die Asche der Toten wird in einen Flusslauf gestreut. Das Wasser ist im Fließen ein starkes Symbol für den Ablauf und Wechsel im Leben und für die Wiederkehr. Das Gedenken an den Toten findet in der Privatsphäre am Schrein des Verstorbenen statt.
Als besonders erstrebenswert gilt in der hinduistischen Mythologie, in Varanasi, der Stadt Shivas am Ganges einmal zu sterben und verbrannt zu werden und so einen Ausbruch aus dem ständigen Kreislauf der Wiedergeburt (Reinkarnation) und dem daraus folgenden ewigen Leiden vom Werden und Vergehen (Samsara) zu erlangen. (1)

Friedhöfe in Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert
Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert kam es in Deutschland zu einer umfassenden Welle von Friedhofsverlegungen. Die Verbannung der Toten aus den Städten bildete den Auftakt für neue Entwicklungen im sepulkralen Bereich, deren Auswirkungen teilweise bis ins 20. Jahrhundert reichen. Begründet mit hygienischen Argumenten und einzuordnen in die zeitgenössische Politik des Reformabsolutismus, sorgten diese Maßnahmen für eine größere Distanz zwischen den Lebenden und den Toten.
Die christlichen Bestattungsformen entwickelten sich aus biblisch-israelischen und antiken Traditionen. Während jedoch im antiken Rom sowohl Erdbestattung als auch Leichenverbrennung bekannt gewesen waren, duldete das Christentum allein das Begraben des Leichnams - die Feuerbestattung hingegen wurde als "heidnisch" tabuisiert. Für dieses Verdikt sorgten unter anderem der Glaube an die leibliche Auferstehung und der Reliquienkult, der mit der Verehrung der Märtyrergebeine in der Alten Kirche begonnen hatte.

Charakteristisch für die christliche Einstellung war der Wunsch, in der Nähe der Reliquien beerdigt zu werden; so wurde die Kirche zum bevorzugten Bestattungsort. Zugleich wurden die Begräbnisplätze zurück in das Zentrum der Orte geholt, während sie noch im antiken Rom außerhalb der Städte angesiedelt waren.

Dennoch fanden längst nicht alle Toten des Mittelalters in Kirche oder auf dem Kirchhof ihre letzte Ruhe: Selbstmördern, Hingerichteten, Angehörigen "unehrlicher" Berufe, Andersgläubigen und Ehebrechern wurde dieses Recht verweigert. Sie wurden beispielsweise auf den - und damit sei auf weitere Ausnahme verwiesen - zu Seuchenzeiten außerhalb der Orte angelegten so genannten Pestfriedhöfen bestattet. In Kriegszeiten errichtete man zudem besondere, geweihte Massengräber. Die Bezeichnungen für Begräbnisstätten variierten nach Zeit und Ort: Leichhof, Kirchhof, Gottesacker, Totenhof, Totenacker und ähnlich lauteten sie. Der heute gebräuchlichste Begriff "Friedhof" leitet sich etymologisch von jener althoch- bzw. mittelhochdeutschen Wortzusammensetzung ab, die einen eingefriedeten Bereich bezeichnete; später erhielt er seine endgültige Bedeutung als umfriedete Begräbnisstätte.

Noch bis zum 18. Jahrhundert blieb die Kirche im wesentlichen allein für das Friedhofswesen zuständig. Erst infolge der Reformgesetzgebung um 1800 sollte sich eine gemeinsame Verantwortlichkeit von geistlicher und weltlicher Obrigkeit entwickeln, die später dann vielerorts in die Kommunalisierung des Bestattungswesens mündete. Allgemein blieb der Tod in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit ein vertrautes Element alltäglichen Lebens. Ungeachtet bereits erfolgter Friedhofsverlegungen und trotz der hohen Sterblichkeit waren hygienische Kriterien im Bestattungswesen meist von nachrangiger Bedeutung. Dem Klerus, der schließlich an den Kirchenbestattungen gut verdiente, fehlte es hier an Interesse und Engagement. So fanden die Begräbnisplätze erst im Verlauf der Aufklärung wieder verstärkte Beachtung, was im übrigen auch zusammenhing mit der Entdeckung des menschlichen Körpers (nicht zuletzt des toten) als Objekt wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Interesses. Schon die Tatsache, dass sich viele der seit dem 16. Jahrhundert verlegten Begräbnisplätze inzwischen wieder innerhalb bewohnter Gebiete befanden, sorgte für erneute Schwierigkeiten. Daneben wurden in Orten, wo es noch zu keinen Verlegungen gekommen war, die hygienischen Probleme immer gravierender: Kirchen und Kirchhöfe waren mit verwesenden Leichen überfüllt. Die Probleme auf den städtischen Friedhöfen wurden immer unhaltbarer. Besonders in den Brennpunkt der Kritik gerieten im 18. Jahrhundert jene Gemeinschaftsgruben, in die die Leichen einfach hineingeworfen wurden. Sie mussten für jede Bestattung neu geöffnet und wieder zugeschüttet werden. Letzteres führte ebenso zu massiven hygienischen Problemen wie die Tatsache, dass die Leichen hier direkt neben- und aufeinander lagen - was die Verwesungszeit nicht gerade verkürzte. War der Friedhof mit Leichen gefüllt, so wurde häufig für weitere Beerdigungen nur neue Erde aufgeschüttet. (2)

Die größten Friedhöfe der Welt
Der größte Friedhof der Welt. Wadi Al-Salam im Irak. Jedes Jahr kommen eine halbe Million Tote dazu.

Die größten FriedhöfeÜber die beeindruckende Fläche von 1.310 Fußballfeldern erstreckt sich der größte Friedhof der Welt. Wadi Al-Salam im Irak führt mit 917 Hektar die von Bestattungen.de (www.bestattungen.de) recherchierte Liste der weltweit größten Begräbnisstätten an. Der Friedhof Ohlsdorf in Hamburg ist flächenmäßig die viertgrößte Ruhestätte der Welt. Der Friedhof Wadi Al-Salam (zu Deutsch „Tal des Friedens“) bietet derzeit Platz für über fünf Millionen Grabstätten. Auf dem Friedhof werden bereits seit dem siebten Jahrhundert Beisetzungen durchgeführt. Die Anlage nahe der Stadt Najaf ist damit gleichzeitig die älteste dauerhaft genutzte Begräbnisstätte der Welt. Auf dem zweiten Platz liegt mit 424 Hektar der Behesht-e Zahra (zu Deutsch „Paradies von Zahra“) im iranischen Teheran. Der erst 1978 gegründete Calverton National Cemetery im US-amerikanischen New York ist mit einer Fläche von 423 Hektar der drittgrößte Friedhof der Welt.
Mit 391 Hektar liegt der Friedhof Ohlsdorf auf Platz vier. Der Friedhof ist damit die größte Ruhestätte in Europa. Ungewöhnlich ist seine Lage direkt in der Hansestadt. „Schon bei der Planung des Friedhofes wurde ein möglicher Ausbau in Betracht gezogen. Aus diesem Grund wurden die angrenzenden Flächen nicht bebaut und die Anlage konnte in Stadtnähe wachsen“, erläutert Pressesprecher Lutz Rehkopf vom Friedhof Ohlsdorf, auf dem unter anderem Inge Meysel und Hans Albers beerdigt wurden.

Unter den zehn größten Friedhöfen der Welt befinden sich weitere bekannte Ruhestätten. Der Arlington National Cemetery in Virginia, USA, auf dem John F. Kennedy beigesetzt wurde, belegt mit 252 Hektar Platz sechs. Nur zwei Hektar kleiner ist der Wiener Zentralfriedhof, der damit den siebten Platz einnimmt. Insgesamt befinden sich vier europäische und dabei zwei deutsche Friedhöfe unter den zehn größten Ruhestätten weltweit. (3)


(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Friedhof
(2) Norbert Fischer Vom Gottesacker zum Krematorium - Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert - Universität Hamburg 1996
(3) http://www.bestattungen.de/